Am Gernsheimer Gymnasium wird unter Corona-Auflagen im Freien vor dem Schulgebäude geübt. Musiklehrer dankt Anwohnern für ihre Geduld.
Die ersten Takte klingen fast nach Drama. Später wird „Drums of Corona“ des im Musikverlag Hal Leonard in Milwaukee (Wisconsin) arbeitenden Komponisten Michael Sweeney gefälliger. Geschrieben für Jugendblasorchester, ist der Titel perfekt geeignet für die Bläserklasse der neunten Jahrgangsstufe am Gymnasium Gernsheim. Nach vielen Monaten Zwangspause dürfen die Streicher- und Bläserklassen wieder musikalisch aktiv sein. Der Instrumentalunterricht wird innerhalb der regulären Unterrichtsstunden am Vormittag erteilt. Während die Streicher unter Einhaltung der Maskenpflicht im großen Musiksaal spielen, dürfen die Bläserklassen nur im Freien üben. Da sitzen nun die Anfänger der ersten von drei Bläserklassen vor dem Haupteingang weit auseinander. Unter Anleitung von Musiklehrer Andreas Mönk üben sie auf Plastik-Mundstücken, um ein Gefühl dafür zu bekommen. „Die Lippenspannung ist komplex“, erläutert Mönk, es bestehe die Gefahr, dass die Anfänger zu sehr pusten. Die Plastikteile sind den Originalen angepasst, sodass der Umstieg leicht ist. Das Procedere kostet Zeit und Kraft. Stühle, Notenpulte, Instrumente, EPiano und Notenhefte müssen vor dem Unterricht hinaus befördert, die Mundstücke nach dem Unterricht gereinigt und desinfiziert werden. Die Beteiligten sind sich trotzdem einig: „Zu spielen ist besser als nicht zu spielen.“ In diesem „Instrumentenkarussell“ befinden sich nun auch die Fünftklässler. Zu ihnen gehört Joshua Unruh. Der Zehnjährige aus Crumstadt ist zur Bläserklasse gestoßen, weil auch Freunde mitspielen. Später will er Saxofon lernen. Für welches Instrument er sich noch vor den Herbstferien entscheiden wird, weiß er noch nicht. Zur Aufnahme in eine Bläser- oder Streicherklasse können sich Grundschüler bewerben.
Am Gymnasium Gernsheim, einer Schule mit Schwerpunkt Musik, stehen etliche Blasinstrumente zur Verfügung: Querflöte, Klarinette, Oboe, Fagott, Trompete, Horn, Posaune, Tuba. Sie werden den Schülern in Corona-Zeiten im virtuellen Klassenzimmer vorgestellt. In aktuell zwei Streicherklassen lernen die Schüler das Spielen von Violine, Viola, Violoncello oder Kontrabass. Die Schüler nennen ihr Lieblingsinstrument und den Zweitwunsch, spielen darauf in den Klassen fünf und sechs. Zwei Drittel machen danach bis zum Beginn der Oberstufe weiter. Darüber hinaus bietet das Gymnasium außerhalb des regulären Unterrichts einige musikalische Arbeitsgemeinschaften an von Unterstufenchor bis Big Band. Das Erlernte präsentieren die Ensembles der Öffentlichkeit regelmäßig bei Schulkonzerten. Der Musikunterricht in den anderen Klassen der Unterstufe folgt dem Konzept einer Gesangsklasse. Unterrichtet werden die Schüler von insgesamt fünf Musiklehrern. Zusätzlich zum Schulunterricht können die Musiker ab Klasse sieben auch Individualunterricht durch Externe erhalten. Jetzt ist Klasse neun an der Reihe, die von Thomas Krooß angeleitet wird. Unter ihnen ist Wanja Bokowski (Crumstadt). Die 15-Jährige hat sich für die Posaune entschieden, „weil mir ihr Klang gut gefällt und das Spielen anspruchsvoll ist“. Sie ist vorbelastet, weil die ganze Familie musiziert; sie selbst auch noch auf der Geige. „Das ist viel interessanter als der Theorie-Musikunterricht.“ Im weiteren Unterricht kommen auch amerikanische Notenhefte zum Einsatz, Übungen werden von vorne bis hinten durchgespielt. Das hört sich naturgemäß schon besser an als das Blasen der Anfänger. Zu hören ist in der Theodor-Heuss-Straße beides, so dass Andreas Mönk den Anwohnern für ihre Geduld dankt. Dass sich das lohnen kann, wird an Pascal Klewer, Abijahrgang 2015, deutlich. Der Trompeter hat seine erste Platte als Bandleader und Arrangeur veröffentlicht.